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 Der Genealogische Abend 

Naturwissenschaftlicher und Historischer Verein für das Land Lippe e.V.

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Gesetz, die Besitzveränderungen bei Grundstücken und deren Eintragung in das Cataster betreffend, vom 23.März 1864

Abschrift: Harald Deppe Bad Salzuflen

Von Gottes Gnaden Wir, Paul Friedrich Emil Leopold, regierender Fürst zur Lippe, Edler Herr und Graf zu Schwalenberg und Sternberg ….

erlassen nach stattgehabter verfassungsmäßiger Mitwirkung der Landstände die nachfolgenden gesetzlichen Bestimmungen über die Besitzveränderungen bei Grundstücken und deren Eintragung in das Cataster :

§ 1
Die vom 1. Juli 1864 an vorkommenden Besitzveränderungen bei Grundstücken, mit einstweiliger Ausnahme des zum Fürstlichen und Erbherrlichen Domanium und zum Vermögen der Kirchen, Schulen und frommen Stiftungen gehörigen steuerfreien Grundbesitzes, sind mit namentlicher Bezeichnung der Erwerber und mit Angabe der Erwerbstitel in das Cataster einzutragen.

§ 2
Verträge, durch welche das Eigenthum an Grundstücken auf einen Anderen übertragen werden soll, müssen gerichtlich abgeschlossen, also entweder vor Gericht protocollirt, oder, wenn die Vertragsurkunde bereits schriftlich abgefasst ist, gerichtlich anerkannt werden, widrigenfalls dieselben weder eine Klage, noch eine Einrede, auch keinen Anspruch auf Entschädigung oder auf eine bedungene Conventionalstrafe begründen.
Ebensowenig findet eine Klage auf gerichtliche Abschließung oder Anerkennung eines außergerichtlichen verabredeten, die Veräußerung eines Grundstücks bezweckenden Vertrages statt.

§ 3
Die landesherrliche Genehmigung der Verträge über Veräußerungen ganzer Colonate ist künftig nicht mehr erforderlich. Dagegen bedürfen Veräußerungen einzelner zu einem Colonate gehörender Grundstücke auch fernerhin zu ihrer Rechtsgültigkeit der vorgängigen Genehmigung der Regierung.

§ 4
Das Gericht, bei welchem die Abschließung des die Veräußerung eines Grundstücks bezweckenden Vertrages vorgenommen werden muß, ist dasjenige Amt oder Stadtgericht (für die Stadt Lemgo ausschließlich der Justiz-Magistrat), in dessen Bezirke das zu veräußernde Grundstück belegen; bei solchen Grundstücken, auf welche sich der dinglich befreite Gerichtsstand erstreckt (§ 2. des Gesetzes, das Verfahren in bürgerl. Rechtsfr. betreffend, vom 12.April 1859) eines der beiden Obergerichte, bzw. für das Amt Blomberg ausschließlich das Hofgericht.
Auch sind alle sonstigen Besitzveränderungen an Grundstücken behufs Auswirkung der Zuschreibung auf den Namen des Erwerbers im Cataster bei den genannten Gerichten der belegenen Sache anzuzeigen und nachzuweisen.

§ 5
Wenn das zu veräußernde, bzw. vom Besitzwechsel betreffene Grundstück sich in die Bezirke mehrerer Gerichte erstreckt, oder wenn im Falle eines Tausches die auszutauschenden Grundstücke in verschiedenen Gerichstbezirken liegen oder nicht dem nämlichen Gerichststande angehören, so haben die Betheiligten die Wahl, bei welchem der betreffenden Gerichte sie den Vertrag abschließen, bzw. die Anzeige machen wollen.
Liegen einzelne Zubehörungen des den Gegenstand der Besitzveränderung bildenden Grundguts ganz in einem andern Gerichtsbezirke, so ist das Gericht der Hauptsache anzugehen und hat namentlich der vor demselben geschehene Vertragsabschluß volle rechtliche Wirksamkeit auch hinsichtlich jener Zubehörungen.
In den vorgebrachten Fällen hat jedoch das angegangene Gericht dem betreffenden anderen Gerichte von der Besitzveränderung durch abschriftliche Mittheilung der wesentlichen Actenstücke zu geben.

§ 6
Bei der Abschließung der Verträge über Veräußerungen von Grundstücken und bei den auf sonstige Besitzveränderungen an Grundstücken sich beziehenden Verhandlungen haben die Gerichte darauf zu achten, dass das betreffende Grundstück genau bezeichnet, der seitherige Eigenthümer, der jetzige Erwerber, die Zeit des Erwerbes und der rechtliche Erwerbsgrund näher angegeben und zugleich festgestellt werde, ob und eventuell welche rechtliche Hindernisse der Besitzveränderung rücksichtlich des seitherigen Eigenthümers, wegen etwaiger Realberechtigungen dritter Personen, oder wegen der Ansprüche von ingrossirten Gläubigern, Brautschatzberechtigten und Leibzüchtern entgegenstehen.
Den Betheiligten steht es frei, etwaige in dieser Hinsicht übrig bleibende Zweifel durch Beantragung eines Edictalverfahrens auf Grund der bestehenden Proceßvorschriften (vgl. § 77 ff. des Ges. über das Verfahren in bürgerl. Rechtsfr. Vom 12. April 1859) zu erledigen.

§ 7
Handelt es sich insbesondere um die theilweise Veräußerung eines Grundstücks, auf welchem Reallasten haften oder auf welches Hypotheken eingetragen sind, so ist vor der Beförderung der Umschreibung im Cataster die Einwilligung der Berechtigten, bzw. der Hypothekengläubiger zu der Vereinzelung nachzuweisen, oder im Falle der Verweigerung dieser Einwilligung die betreffende Prästaction abzulösen, bzw. die Hypothekenschuld abzutragen.

§ 8
Für das bei Veräußerungen einzelner zu einem Colonate gehörender Grundstücke von den Aemtern zu beobachtende Verfahren bleiben die in den Circularrescripten der Regierung und Rentkammer vom 12. Januar und 1. Mai 1830 – L.V. Bd. VII, S. 529-536- gegebenen Vorschriften einstweilen maßgebend. Darnach haben die Aemter auch fernerhin die betreffenden Verhandlungen unter Beifügung des Lasten- Repartitionsplanes und Cataster=Extracts mit Gutachten zunächst and die Rentcammer einzusenden, welche dieselben nach vorgängiger Prüfung an die Regierung zur weiteren Verfügung gelangen lässt, worauf dann die Regierung im Falle der Genehmigung, unter gleichzeitiger Benachrichtigung des betreffenden Amts, die Acten an die Landescataster=Commission remittirt behufs Vornahme der erforderlichen Ab= und Zuschreibung im Hauptcataster und behufs Anordnung gleichmäßiger Eintragung im Specialcataster.

§ 9
In allen anderen Fällen von Veräußerungen, bzw. Besitzveränderungen bei Grundstücken hat das betreffende Gericht nach Erledigung der in §§.6 und 7 angegebenen rechtlichen Erfordernisse die erfolgte Besitzveränderung jedes Mal sofort bei der Landescataster=Commission mit specieller Angabe der für den Zweck einer genauen Catastereintragung in Betracht kommenden näheren Umstände oder geeignetenfalls unter Beifügung der zur vollständigen Aufklärung dienlich erscheinenden Actenstücke zur Anzeige zu bringen. Liegen Theile des fraglichen Grundstücks in einem anderen Gerichtsbezirke, so ist hierauf in der Anzeige besonders aufmerksam zu machen.
Die Landescataster=Commission hat hiernächst die entsprechende Veränderung im Hauptcataster zu verfügen und nach Vollziehung derselben dem das Specialcataster führenden Untergerichte ein Formular zur gleichmäßigen Eintragung der Veränderung in das Specialcataster mitzutheilen.
Die in §§. 10 und 11 der Verordnung, die Heranziehung der Städte zur Contribution usw. betreffend, vom 31. October 1854 – L.V. Bd. XI, S. 240- gegebenen besonderen Vorschriften über das Verfahren bei Fortschreibung der Cataster in den Städten und im Flecken Schwalenberg werden außer Wirksamkeit gesetzt.

§ 10
Die Zuschreibung eines Grundstücks auf den Namen des Erwerbers im Cataster vertritt die Uebergabe (Tradition), wo diese zum Eigenthumsübergange nöthig und noch nicht geschehen ist, haftet der bisherige Besitzer des Grundstücks für die darauf ruhenden Steuern und Lasten; eventuell bleibt auch das Grundstück selbst verhaftet.
Das betreffende Gericht hat den Erwerber, bzw. die Contrahenten von der geschehenen Zuschreibung durch abschriftliche Mittheilung des Schema oder durch ein entsprechendes Attest in Kenntniß zu setzen.

§ 11
Bei allen fernerhin vorkommenden Catasterumschreibungen hat die Landescataster=Commission darauf zu achten, dass jedes Grundstück in das Cataster desjenigen Gerichtsbezirks eingetragen werde, in dessen Gränzen es liegt, ohne Rücksicht darauf, ob es etwa eine Zubehör zu einem anderswo belegenen Hauptgute bildet. Solchenfalls ist aber das betreffende Grundstück auch beim Hauptgute, mit Hinweisung auf das andere Cataster, nachrichtlich aufzuführen, und ist ebenso in letzterem auf das Catastersolium des Hauptgutes zu verweisen. Indeß wird dadurch einerseits die Pertinenzeigenschaft nicht bedingt und andererseits der Frage, ob das betreffende Grundstück überall zu solchem Pertinenzverhältnis rechtlich qualificirt ist, nicht präjudicirt.

§ 12
Dieses Gesetz tritt seinem ganzen Umfange nach am 1.Juli 1864 in Kraft. Alle demselben entgegenstehenden älteren gesetzlichen Bestimmungen werden aufgehoben.

Gegeben Detmold, den 23. März 1864

                                                             Leopold Fürst zur Lippe.

v. Oheimb.

Abschrift aus : Landesverordnung der Grafschaft Lippe. 13. Band 1861-64, Seite 196-201

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